Die Verirrten von der Feenwiese

Ich glaube, wir haben uns verirrt. Dies ist ein seltsamer Ort. Sehr bunt und von wundersamen Wesen bevölkert. ‚Feen‘ werden diese Kreaturen genannt. Sie haben Flügel, schwirren herum und lachen den ganzen Tag. Um uns herum ist alles hell und bunt, es glitzert und funkelt gewaltig und farbenfrohe Kügelchen rollen in Pakete. Nun, das ist nicht unangenehm, aber ungewohnt.

Normalerweise liegen wir auf samtbezogenen Präsentationstabletts und halten ein Schläfchen in dunklen Schubladen, eingehüllt in die gediegene Atmosphäre eines Juweliergeschäfts. Dort wird viel weniger gelacht, sondern eher vornehm geschaut. Ab und zu werden wir mit weichen Handschuhen ans Licht geholt. Parfümierte Damen beugen sich über uns und lassen entzückte Laute hören. Viel ‚Ohhh!‘ und ‚Ahhhh!‘.

Oft werden wir auch auf eine kleine Waage gelegt oder mit einer Lupe beäugt. Dann liegen wir einfach da und erstrahlen in dem unverwechselbaren Glanz echter Steine, gefasst in Edelmetall.

Genauer gesagt, handelt es sich dabei um 925er Sterling Silber, 18 Karat vergoldet oder rhodiniert und der unverwechselbare Glanz stammt von echten Diamanten, Granat, Amethyst, Saphir oder Blautopas und Citrin.

Also sind wir eigentlich falsch hier. Auf dieser Feenwiese gibt es außer uns keinen Echtschmuck. Bei allem Respekt: Glas, nicht einmal böhmisches Kristallglas, kann sich mit uns vergleichen. Und ja, viele Perlen und Verschlüsse hier sind versilbert oder vergoldet, aber eben nicht ganz aus 925er Sterling Silber.

Die Krämerseelen-Fee hat uns hierher gebracht. Ein Schmuckstück muss sich wohl daran gewöhnen, überall hin getragen zu werden, aber niemals hätten wir damit gerechnet, auf einer Feenwiese zu landen.

Jetzt wurden wir allerdings belehrt, eben von jener Krämerseelen-Fee. Die behauptet, dass absolut nichts, was schön ist und schmückt, auf einer Feenwiese falsch sein kann. Und dass niemand etwas gegen echtes Silber und echte Edelsteine hat. Schon gar nicht zu dem Preis.

Die Foto-Fee meinte, wir sollten uns nicht so anstellen. Krämerseelen-Feen kennen sich mit Preisen ebenso gut aus, wie mit Allem, was schön ist und schmückt. Und dann hat sie uns geknipst und gleich eins von uns um ihr Handgelenk gelegt. Natürlich hat sie dabei auch ‚Aaaah!‘ und ‚Ohhh!‘ gerufen. Da fühlten wir uns dann doch fast wie zuhause.

Über Preise stöhnte vor allem der Mann, der mit der Krämerseelen-Fee verhandeln musste. Wenn uns nicht alles täuscht, war er den Tränen nahe. Aber wir sind ein so genannter ‚Restposten‘. Was für ein schreckliches Wort! Deshalb werden wir ‚unter Preis‘ verkauft.

Nachdem wir uns beraten haben, stört es uns nicht mehr, so drastisch unter unserem normalen Preisniveau angeboten zu werden. Unserer edlen Schönheit tut dies schließlich keinen Abbruch. Außerdem ist bald Weihnachten. Das Fest der Liebe, an dem sich alle beschenken, die sich mögen. Inzwischen finden wir, dass wir ganz hervorragend zu einem solchen Fest passen und werden uns bemühen, noch viel heller zu strahlen, als der Stern von Bethlehem.

Oho! Da geht's schon los. Die Packfeen schwirren auf uns zu. Gleich werden wir eingewickelt und in Kartons gelegt, damit wir noch rechtzeitig unter dem Tannenbaum landen. Eins von uns geht nach Dresden und ein anderes nach Bremen und noch eins nach Dänemark. Puh!

Wir hoffen dann mal, dass wir ganz viel ‚Oohh!‘ und ‚Aaaahh!‘ hören werden, wenn wir zur Bescherung ausgepackt werden.

Bis dahin

Die ‚Verirrten‘ von der Feenwiese und das Team von

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